Samstag, 24. August 2013
gefickt
dafür, dass der neue mann in etwa die gleiche funktion bekleidet wie ich, kann er sich nicht nur eine knapp 80qm-wohnung in einem illustren viertel leisten, sondern auch ein auto. was für ein unterschied zu meinem bescheidenen leben. keine designermöbel, aber auch kein ikea-kram befinden sich in der wohnung. vieles ist baustelle. anderes second hand. wieder anderes selfmade. es hat stil. ich bin angetan. der mann hat geschmack.

wir sitzen auf dem balkon, essen falafel und unterhalten uns. ich lache viel, fällt mir auf. die anfängliche unerklärliche grundverachtung dem neuen mann gegenüber ist einer merkwürdigen ruhe gewichen. ich fühle mich wohl, muss ich widerstrebend zugeben. warum widerstrebend? ich frage mich und kann mir mich nicht erklären.

er ist hübscher als mein inneres bild von ihm. vermutlich hat auch das mit der grundverachtung zu tun, der unerklärlichen. aber es ist so. die positive überraschung ist jedesmal von neuem entwaffnend. ich kann nicht vor hass und wut sprühen. stattdessen muss ich grinsen und fühle mein aufgewühltes herz ruhiger schlagen.

ich bin fremd, noch immer. vor allem mit mir selbst. als mich der neue mann sanft, aber zielstrebig auszieht, kämpfe ich gegen eine enorme scham an. dann, wie aus einem impuls heraus, entfacht etwas eine zarte lust in mir. vielleicht ist es der schwanz. der passt wie schloss und schlüssel und erreicht meine erogenen zonen überdurchschnittlich gut.

der neue mann fickt zärtlich und langsam. das ist okay, aber nicht das, worauf ich eigentlich stehe. ich will das tier. ich will den krieger. ich will es rau, kraftvoll, impulsiv. selbstvergessen, träumend, archaisch.

zu viele unterbrechungen. schneller, langsamer, schneller, wieder langsamer. umständliche stellungswechsel. die zeit arbeitet gegen mich. nach rund zwei stunden fühle ich mich wund, unwohl und breche ab. der neue mann ist verunsichert, will wissen, ob ich enttäuscht sei. das ist eigentlich meine frage, finde ich und gebe sie zurück. er versichert mir, dass alles okay sei. ich hege leises misstrauen. spiele den erklärbär und versuche, meine gefühle in worte zu fassen. ich merke, dass ich latentes verwirren stifte, erkläre weiter und stelle fest, dass alles in noch mehr verwirrnis endet.

gegen drei uhr nachts ziehe ich mich hastig an und verdünnisiere mich. der neue mann äußert den wunsch, dass ich bleibe und wir zusammen einschlafen. ich bringe es nicht übers herz. zusammen schlafen ist eine heikle angelegenheit, außerdem muss ich in vier stunden wieder aufstehen, denn anders als der neue mann habe ich keine gleitzeit.

als ich endlich zuhause im bett liege, fühle ich mich keineswegs schlecht. ich schnuppere meinen eigenen duft und schlafe irgendwann ein. träume, dass ich zusammen mit lady m. in berlin ein klo suche. wie fast immer gibt es eine sequenz, in der ich das objekt suche. aber sie verläuft friedlich, ich treffe das traumobjekt am traumbahnhof, wo es mir sagt, hey, aber ich war doch die ganze zeit da.

als ich aufsehe und mich beim zähneputzen in den spiegel schaue, muss ich grinsen. immerhin ein erster, ausbaufähiger versuch. nicht schlecht für eine neofrigide zicke.

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