Freitag, 15. März 2013
quatschnudeln
"allerhöchstens gemeinsam kommen wir auf die gleiche tägliche wortzahl wie die volontärin", sagt meine neue praktikantin heute, als sie bei mir im chefzimmer vorbeischneit, um mir einen text zur freigabe zu überreichen.
"ich konnte kaum diesen text schreiben, weil sie ununterbrochen gequasselt hat... ich meine, versteh mich nicht falsch, sie ist super, ich mag sie total, aber es ist manchmal einfach..."
"anstrengend", beende ich den satz.
die praktikantin grinst.
"sei froh, dass du hier sitzt und nicht drüben im großraumbüro."
"dafür kriege ich das geballt ab", sage ich. "neulich stand sie hier 40 minuten unter der tür und erzählte von einem streit mit einer freundin... danach hatte ich noch 20 minunten restmittagspause, das reichte nicht mal, um zu aldi zu gehen."
"hast du mal was gesagt?"
"na, ich hab schon öfter gesagt, so, liebe volontärin, jetzt wollen wir aber mal wieder weiterarbeiten!"
"und?"
"das macht sie schon. ich bin ja die chefin. aber es bedarf immer einer aufforderung."

"noch zwei stunden, dann haben wir das geschafft für heute", meint die praktikantin dann.
"hör mir bloß auf. zuhause geht das gequassel ja weiter."
"warum, wohnst du mit wem zusammen?"
"nein, aber ich habe dünne wände und türkische nachbarn."
"oha!" sagt die praktikantin.
"die sind eigentlich gar nicht mal soooo laut", erkläre ich. "die haben keine kinder, also noch nicht, und sie hören jetzt auch nicht viel musik. aber die alte, die labert ohne unterbrechung. ehrlich. dass der nicht mal die zunge vertrocknet oder die stimmbänder versagen, das ist mir ein rätsel!"
die praktikantin lacht:
"und bestimmt hat sie auch so eine typische türkenmutti-stimme."
"ja, so rauh und einfach... naturally born loud. meine altbauwände haben da keine chance."

"dann kann dir ja ihr mann leidtun", sagt die praktikantin.
"ja, aber nur, solange der nicht singt."
"oh, er SINGT?" zieht die praktikantin die augenbrauen hoch.
"ohja! und zwar traditionelles muselmanisches liedgut! nachts um einse! da wache ich immer von auf."
"das ist doch ruhestörung, sag da doch mal was."
"ja, toll, dann bin ich wieder die nazitante. das hab ich schon mal gemacht, mich mit türken anlegen, das war vor zehn jahren, das ging total übel aus."
"singt er denn wenigstens schön?"
"ich glaube, so ne lieder KANN man nicht schön singen."

"apropos nazi, hast du vorhin das telefonat mitbekommen, als unser azubi die neue buchhalterin anrief?"
"nee."
"naja, er rief an und meinte zuerst, äääähhh... also, ähm, ich ruf an, weil ich sie anrufen muss..."
ich kichere.
"... aber das beste kam dann noch, da sollte er nämlich seinen namen buchstabieren und da meinte er eiskalt, mit h wie hitler in der mitte!"
ich kringle mich vor lachen:
"spitze... b wie braun, g wie göbbels... r wie rommel..."
"pschschscht!" sagt da die praktikatin.

denn es kommt der azubi auf dem weg zur küche vorbei, macht lange ohren und meint dann streng:
"das klingt hier aber nicht nach arbeit!"
"doch, doch, das ist eine teambesprechung", sagt die praktikantin augenzwinkernd.
"ihr seid quatschnudeln", mault der azubi. "ihr seid faul und quasselt nur."
"morphine, du musst jetzt sagen, liebe praktikantin, jetzt müssen wir aber mal weiterarbeiten", stupst mich die praktikantin an.
"nee", sage ich, lehne mich zurück und näsle vornehm:
"du bleibst. du sollst mich unterhalten und amüsieren. los. ich bin schließlich deine chefin."

da kommt die volontärin vorbei.
"na, was macht ihr denn alle bei morphine im zimmer?"
"teambesprechung", sagt der azubi trocken und die praktikantin prustet schon wieder los.
"los, raus jetzt alle", rufe ich da. "ihr seid doch alles quatschnudeln."

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