Sonntag, 13. Januar 2013
rückwärtsrolle
nach einer beschissenen woche plingen samstags smsen auf meinem handy und kündigen mir partylaunige freunde an. nach sehr zurückhaltendem ausgehverhalten in den letzten wochen komme ich endlich wieder in feier-stimmung, schwinge mich in meine guten klamotten, schnüre die kampfstiefel und mache mich auf.

der türsteher winkt mich durch, an der bar bekomme ich einen kurzen spendiert und bestelle gleich noch einen cocktail hinterher. dann fallen mir meine freundin h. und meine neue bekannte j. um den hals. danach kommt k. auf mich zu und drückt mir einen kuss auf die wange. wir strahlen uns an und ich weiß: heute wird ein guter abend. ein k.-abend.

in der ecke im raucherraum sitzt das objekt, mit nassen haaren und sehr glasigem blick. es ist alleine und vollgedröhnt bis obenhin. es schlingt die arme um mich und presst seinen unterleib an meinen.
"du hast ganz nasse haare", sage ich.
"ich bin gerade durch den schnee geradelt, das war sooooo schön", nuschelt das objekt benommen und hält sich dabei an mir fest, weil es kaum mehr aufrecht stehen kann.
"was hast du denn gemacht", frage ich beunruhigt.
"ich hatte heute frei."
"das heißt, du hast den ganzen tag damit verbracht, dich wegzumachen."
das objekt spürt den vorwurf, zieht eine babyschnute und lallt:
"frau lehrerin, entschuldigung. aber ist mir gerade scheißegal."
ich hole aus und scheuere dem objekt eine, dass es klatscht.
es lächelt selig und sagt dann:
"du sieht so hübsch aus heute abend."

ich bin besorgt. so stoned habe ich das objekt seit monaten nicht mehr erlebt. ich bin mir sicher, dass es nicht nur gekifft und getrunken, sondern auch irgendwelche anderen downer eingeworfen hat.
auch k. hält deshalb abstand zum objekt.
"der rallt doch heute gar nix mehr", sagt k. kurz, als ich ihn darauf anspreche.

ich verbringe die nächste zeit mit h., j. und k.
h. lernt an der bar einen typen kennen. er hat sehr lange, fettige haare und ist extrem übergewichtig. es stellt sich raus, dass er ein blind date hat und auf irgendeine tusse wartet, die offenbar nicht kommt. h., die freundlich zu jedermann ist, fragt dies und jenes, bis der typ wissen will, wie alt sie ist.
"29", sagt h.
"aber du siehst aus wie mitte 30", haut der typ da raus. "das kommt bestimmt vom rauchen bei dir."
h., die mäßig raucht und keinen tag älter als 29 aussieht, guckt mich entsetzt an.
"na hör mal, das kannst du aber nicht einfach zu einer fremden frau sagen", sage ich zu dem typen.
"warum nicht", fragt der.
arschlochalarm, verstehe ich. trotzdem bleibe ich noch halbwegs didaktisch, als ich ihm erkläre:
"weil du doch auch nicht möchtest, dass jemand zu dir sagt, du siehst aus als wenn du zu oft bei burger king isst."
damit habe ich einen volltreffer gelandet. der typ ist tödlich beleidigt, vor allem, weil h. neben mir vor lachen zusammenbricht.

wir machen, dass wir wegkommen.
"wo ist eigentlich j. abgeblieben", wundert sich h.
"weiß nicht, hab die schon lange nicht mehr gesehen."
"hoffentlich ist nichts passiert, die hat heute ganz schön viel getrunken."
"was soll der denn passieren?"
"wenn sie getrunken hat, wirft sie sich immer irgendeinem typen an den hals", erläutert h.
"oha."
"ich geh sie mal suchen."
"denn bis nachher!"

als ich richtung couch steuere, begegne ich einem quietschfidelen objekt. offenbar hat die dröhnung nachgelassen, sodass es nun sehr ausgeglichen und wieder ansprechbar ist.
es strahlt mich an und küsst mich.
"du pheromonschleuder", sage ich mit weichen knien und wehre mich ein bisschen, während mich das objekt fester an sich zieht.
dann setzt es sich mit mir in die ecke, lümmelt sich lässig in den kissen und verschränkt die beine zum schneidersitz. die gesamte objektkörpersprache formiert sich zu einer einzigen einladung: fick mich. das objekt ahnt, was ich denke und grinst sich einen.
"hast du feuer", schnurrt es und streckt sich mit zippe zwischen den lippen zu mir herüber. als ich über die flamme meines feuerzeuges schiele, sehe ich zum glück k. auf uns zukommen. er setzt sich zwischen uns und entschärft die situation.

und plötzlich entdecke ich j. sie sitzt zusammengesunken auf einem barhocker, hat den kopf auf den tresen gelegt und schläft. ich gehe zu ihr, streiche ihr die haare aus dem gesicht und rüttle sie sanft. mehr als ein schnorcheln bewirke ich damit allerdings nicht.
ich hole h., die ebenfalls ratlos ist.
"was machen wir jetzt mit j.?"
"ich rufe ein taxi", entscheidet h. "die wohnt ja nicht so weit. aber ich muss sie bringen, die schafft es so nicht bis in die wohnung."
"warum hat sie sich denn so weggeschossen?"
"keine ahnung. das kenne ich gar nicht von ihr, sowas macht sie eigentlich nicht."
"schaffst du das oder soll ich mitkommen?"
"ach, das geht schon. bleib du nur."

ich gehe zurück zu k., der mir noch einen tequila spendiert. der knallt ordentlich rein und mir wird schummrig.
den rest des abends verbringe ich neben k. auf der couch, sage keinen ton mehr und kämpfe gegen die aufsteigende übelkeit.
"willst du nachher bei mir bleiben", fragt k.
"wenn du nichts dagegen hast, dass wir nicht ficken."
"ach quatsch. wir schlafen einfach. ich hab sowieso nen ganz schlimmen schädel."
"na dann ist ja alles super. das ist ja fast wie: schatz, ich hab migräne."
k. grinst und legt den arm um mich.
"na ihr turteltäubchen", sagt das objekt, das uns beobachtet. "schleppt ihr euch heute noch gegenseitig ab?"
"nee, ich schlüpf nur unter", sage ich. "mir ist schlecht."
"lass uns doch rausgehen", schlägt k. vor, "der abend ist sowieso gleich zu ende."

während k. meine jacke holt, stehe ich in der eccke und versuche, mich nicht zu übergeben. das objekt steht bei mir und guckt besorgt.
dann geht es raus in die kälte. die eisige luft wirkt wie ein faustschlag, ich fühle mich plötzlich maximal betrunken und merke, wie die knie nachgeben. objekt und k. fangen mich auf.
als ich wieder stehe, wird mir noch übler. ich klammere mich an die absperrung, und während k. aus der potenziellen kotz-zone geht, hält mich das objekt und sagt:
"tief durchatmen, morphine, ganz ruhig und tief. gleich wirds besser."
nach ein paar minuten habe ich mich wieder gefangen, nicht gekotzt und gehe ich kleinen trippelschritten zwischen k. und dem objekt untergeärmelt die straße entlang, bis wir bei k. sind. dort falle ich angezogen aufs bett und bin fast augenblicklich weg. im halbschlaf merke ich noch, wie mich k. in die arme nimmt. es stellt sich das tiefe gefühl von zufriedenheit und geborgenheit ein, und ich sinke tiefer in den schlund meiner träume.

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