Sonntag, 16. September 2012
kater und kätzchen
in meinem schlafzimmer liegt die lederjacke mit einem fetzen-kater, liebevoll bewacht von miss kittin.

ich bin natürlich schon wach, weil ich naturgemäß nie großartige nachwirkungen habe, egal, wie wild meine mischungen ausfallen. ich nehme kalium und magnesium und einen protein-shake zu mir, um meinen körper zu regenerieren, während die lederjacke noch vollkommen weggetreten ist, was sich bis abends um 18 uhr auch nicht großartig ändern soll. ab und an dreht sich die lederjacke und stöhnt, und miss kittin mauzt.

irgendwann bereite ich katzenfutter zu und bringe der lederjacke auch einen mineralstoff-drink.
"oh gott, mir gehts echt scheiße", seufzt mein bettgenosse.
"brauchst du noch was?"
"hmmm... ein aspirin, eine dusche und dann mal was zu essen.... sag mal, wie spät ist das überhaupt?"
"sechse."
"du verarschst mich."
"nein, guck halt selber nach."
die lederjacke wühlt konsterniert im klamottenhaufen neben dem bett nach seiner uhr.
"tatsache. das ist mir jetzt aber peinlich. wie lange bist du schon wach?"
"drei stunden etwa."
"sorry."
"ach quatsch. so hatte ich wenigstens schön zeit für mich."
die lederjacke lächelt:
"du bist sooo... unkompliziert."
"ich bin ein eigenbrötler. mit ist das einfach nur egal, wenn du stundenlang pennst."
die lederjacke guckt mich scharf an:
"du warst bestimmt auch als kind viel alleine, hm?"
"ich war ein soziopathisches einzelkind."
"also bist du heute ganz normal."
ich lächle:
"ist das jetzt ein kompliment?"
"klar doch."

die lederjacke springt unter die dusche und verbringt dort eine ganze weile. dann kommt sie heraus und sieht sehr jungenhaft und süß aus. obwohl mich die lederjacke chemisch betrachtet nur bedingt kickt, eine augenweide ist sie allemal.
"hast du auch son hunger wie ich?" fragt sie.
ich nicke.
"lass uns was vom asiamann holen."
"hmmmm", überlegt die lederjacke, "ich hab da ne idee."
sie ruft ein taxi und wir fahren richtung eimsbusch, wo die lederjacke wohnt.
"ich muss einmal kurz frische klamotten anziehen", sagt sie, "dann hole ich geld und dann... gehen wir richtig essen. zu meinem liebings-thai."

beim lederjacken-thai gibt es suppe und hühnchen, fischfrikadellen und gebackene garnelen. wir essen bis zum platzen, dann sitzen wir herum und ich merke, wie mein kreislauf rumspackt.
"mir ist schlecht", sage ich zur lederjacke.
"mir auch", erwidert die lederjacke.
"hoffentlich war das essen okay."
"glaub schon. das mit dem kreislauf liegt nur daran, dass wir jetzt nen vollen magen haben."

wir machen uns auf den heimweg. vom thai bis zur lederjacke sind es vermutlich nicht mal 500 meter.
"ich hab das gefühl, dass ich gleich zusammenbreche", jammert die lederjacke. "dabei wollte ich noch mit dir in der videothek vorbeischauen."
"das machen wir auch."
"oh gott."
ich kichere.
"wir können ja ein taxi da vorn nehmen und fragen, ob er uns mal 100 meter die straße runter mitnimmt."
die lederjacke schubst mich und grinst.

in der videothek streiten wir dann wieder über die filme.
"du immer mit deinen ultra-horrorstories!" sagt die lederjacke zu mir.
"du mit deinem schwarzenegger-fetisch", maule ich.
am ende einigen wir uns auf einen horror- und schwarzenegger-freien movie.
"das ist doch hübsch leichte kost, da kannst du dein asia-essen in ruhe bei verdauen", ziehe ich die lederjacke auf.
die lederjacke zeigt mir den stinkefinger.

zuhause bei der lederjacke kuscheln wir uns ins bett. der mitbewohner kommt kurz rein und grinst, als er uns elendsgestalten sieht.
"na, gut gefeiert?"
die lederjacke nickt und fragt dann:
"sag mal, hast du aspirin?"
der mitbewohner bringt uns ein paar kopfschmerztabletten, die wir dankbar annehmen. dann schmeißt die lederjacke den film rein. ich bekomme kaum die ersten zehn minuten mit, dann schlafe ich im arm der lederjacke ein.

als ich wieder hochschrecke, ist es fast mitternacht. die lederjacke sitzt neben mir und schreibt sms.
"hmhmhmhm..." murmle ich.
die lederjacke guckt besorgt bis belustigt und fragt mich:
"willst du nicht vielleicht hierbleiben heute nacht?"
"hmhmhm... eigentlich müsste ich noch nach a., mein fahrrad vom club abholen... und nachhause, die katze füttern!"
"dein fahrrad wird bestimmt nicht geklaut, und die katze hält das auch mal bis morgen früh aus. in dem zustand lasse ich dich sowieso nicht radfahren."
ich überlege kurz, dann mache ich als antwort einfach wieder die augen zu. die lederjacke zieht mir die bettdecke bis unters kinn und kuschelt sich neben mich.

so schlafen wir, bis am nächsten morgen mein wecker klingelt, weil ich in therapie und die lederjacke ihr promotions-vorhaben vorantreiben muss.
als ich schon angezogen bin und meine tasche nehmen will, beugt sich die lederjacke hinunter und wühlt in seiner klamottenkiste:
"warte mal..."
dann zieht sie einen schal hervor - denselben, den sie auch immer zur lederjacke trägt, und der mir so gut gefällt, weil man ihn knöpfen kann.
"den magst du doch so."
ich bin ganz gerührt, dass sich die lederjacke so viel merkt, was mir gefällt und was nicht und umarme sie ganz fest.
"danke. das ist furchtbar lieb."
dann schubst mich die lederjacke aus der wohnung.
"wir können uns ja demnächst mal zum spazierengehen treffen, wenn du willst", sagt sie zum abschied.
"wir könnten auch mal zusammen wegfahren", fällt mir spontan ein.
"auja", sagt die lederjacke. "aber wir können doch beide nicht auto fahren."
"es gibt züge."
"ach nee."
"ach doch."
"dann lass uns das mal ins auge fassen."
ich bekomme noch eine große, schöne, feste umarmung, dann renne ich zum bus, während die lederjacke die andere richtung einschlägt, um leergut wegzubringen.

als ich schließlich im bus sitze, freue ich mich ganz schrecklich über die lederjacke. es tut gut, solche menschen zu kennen.

und solche katzen.

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