Freitag, 16. März 2012
and nothing else matters
obwohl derzeit alles wenig rosig aussieht und ich mich auf schritt und tritt gegen mr. murphy wappnen muss, war heute endlich mal wieder ein ganz guter tag.

zunächst das angenehme erwachen zu unangenehmem taubengurren bei dem menschen, für den mir immer noch ein passender blognick fehlt. er schläft weiter, während ich leise aufstehe und mich in bürokleidung werfe. dann sitze ich angezogen auf dem bett. der mensch blinzelt und umschlingt mich.
"ich will nicht, dass du gehst."

der satz trifft mich unerwartet und mit der wucht der glückseligkeit, denn das letzte mal wurde ich sonntags irgendwann ziemlich spontan mit den worten "ich schmeiß dich jetzt raus" vor die tür gesetzt. aber seit dienstag nacht, als der mensch betrunken anrief, weil er beim poker einen vierstelligen betrag gewonnen hatte und mich dann fragte, wie es mir gehe, woraufhin ich wie ein kleinkind meinen weltschmerz in den hörer schluchzte, hat sich noch einmal was verändert.

"wie kommt es eigentlich, dass du mir so viel erzählst?" fragt der mensch, als ich schon unter der tür stehe.
"weiß nicht", sage ich, und es ist mir peinlich, "du hast einfach einmal im entscheidenden moment das richtige getan. scheint sowas wie blindes vertrauen in mir ausgelöst zu haben. aber bitte fühl dich trotzdem frei, mir jederzeit zu sagen, halt einfach die klappe."
"warum sollte ich?!"
"weil es egozentrisch ist und dich möglicherweise langweilt?"
"quatsch."
der mensch sieht mich aufmerksam an und meint dann langsam:
"du hast... eine ungewöhnliche art zu beeindrucken."
in der s-bahn sitze ich dann am fenster, denke noch lange über den satz nach und komme zum schluss, dass er eines der schönsten komplimente meines lebens ist.

am nachmittag gibt es eine art zufälliges kleines hamburger bloggertreffen mit picknick ohne picknick auf der bank. die drei damen und der hahn im korb weilen bei turtelnden tauben und emsigen amseln und sinnieren über sinn und unsinn des lebens, hochpotente superdronen, japanische killerhornissen sowie sterbehilfe mittels selbstinduziert herabfallendem betonklotz. meine eine stellt mal wieder fest, dass sich hinter den bloggern ganz fabelhafte menschen verbergen und dass bloggen nur halb so schön wäre, wenn diese menschen nicht hin und wieder unter mehr oder minder fröhlichen anlässen zusammenträfen.

ich komme spät nach hause, weil ich über die holstenstraße fahre und mein rad abholen muss. kaum, dass ich die haustür aufschließe, klingelt auch schon das telefon. ein wenig atmelos stürze ich mich auf den hörer:
"hallo?"
es ist die k.-ex.
"sag mal... hast du in den letzten zehn tagen was vom objekt gehört?"
es stellte sich heraus, dass die k.-ex, die die objekt-post per nachsendeauftrag erhält, inzwischen einen stapel briefe beherbergt und das objekt sie nicht mehr abholt. auch das handy ist abgeschaltet.
"war er arbeiten?" frage ich.
die k.-ex weiß nicht so recht.
"manchmal bleibt er einfach eine woche oder so zuhause und starrt an die wände", berichte ich. "das hat mir der dritte mal erzählt."
da das objekt inzwischen schon wieder x-te mahnungen erhält und mit einem inkasso-unternehmen im clinch liegt, befürchtet die k.-ex, es könne sich etwas antun:
"der sitzt jetzt wieder ganz tief in seinen depressionen und ist überhaupt nicht ansprechbar."
ich berichte vom letzten telefonat mit dem objekt. da hatte es nicht viel gesagt, nur, dass es mich innerlich nie losgelassen habe. ich wiederum hatte beteuert, dass es sich gar nicht einbilden brauche, dass nach der annäherung sowas wie freundschaft zwischen uns sei oder ich ihm helfen würde.
"oh morphine", seufzt die k.-ex. "du weißt ja nicht... all die abende, die er hier bei mir saß und über dich sprach... und die situation zwischen euch... und immer wieder sagte, dass er dich sehr vermisst."
hm. information overload.
"was ist, wenn wir in seiner arbeit anrufen und fragen, ob er heute da war?"
"gute idee", findet die k.-ex. "ich hab nur keine nummer."
glücklicherweise hatte ich mir diese einst notiert, da mich das objekt eine zeitlang von der nachtschicht aus anzurufen pflegte, um die langeweile mit frivolen gesprächen zu killen.
"da geht keiner ran", sage ich der k.-ex, als ich niemanden erreichte.
"egal, ich fahr jetzt hin", ist die k.-ex wild entschlossen.
"sag mir bescheid, ja?" bitte ich die k.-ex.

während die k.-ex in ihr auto springt, um nach a. zu düsen, rufe ich zwei, drei objekt-freunde an. diese haben jedoch alle nichts vom objekt gehört oder gesehen.
dann meldet sich die k.-ex.
"ich bin jetzt da... ich dachte eben, da sei licht in der küche gewesen... aber fehlanzeige. der ist nicht zuhause, glaube ich."
"steht das rad vor der tür?"
die k.-ex geht ums haus.
"ja. ich glaub, das da drüben ist seines."
"das heißt, er ist schon mal nicht arbeiten. er fährt nämlich immer mit dem rad zur arbeit. und heute war zudem schönes wetter."
"er hat mal was gesagt, dass er zu seiner mutter fahren wollte."
"vielleicht ist er da. oder er ist an den see gefahren."
"hm."
"hm."
"ich weiß nicht, ich hab ein schlechtes gefühl", jammert die k.-ex.
"wenn er morgen nicht im club ist, fahren wir in die klinik und fragen nach ihm", finde ich.
"und wenn er bis dahin tot ist?"
"soweit denken wir jetzt mal nicht."
dann halte ich inne:
"du magst ihn verdammt gerne, hm?"
die k.ex ziert sich ein wenig, weiß sie doch, dass auch ich mal ziemlich verrückt nach dem objekt war.
"ja, gut, ja, ich mag ihn. und was sagst du jetzt?"
ich muss schmunzeln.
"gar nichts. ist doch alles okay. vielleicht werdet ihr mal ein paar."
"und du bist mir nicht böse?"
"vor einem jahr hätte ich das mit sicherheit ein bisschen enger gesehen."
"da sehen wir uns morgen?"
"ja. und dann sehen wir mal, ob das objekt auch da ist und wenn nicht, überlegen wir weiter. okay?"
die k.-ex legt beruhigt auf, während ich weiß, dass ich noch einmal einen längeren spaziergang zum gedankensortieren brauchen werde.

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