Montag, 25. März 2013
unentspannt chillen
nach einem kurzen, aber heftigen streit mit dem objekt (standardthema absolut mangelhafte zuverlässigkeit seinerseits) habe ich von allem die schnauze voll, packe meine sachen und fahre schwimmen in meine lieblingstherme, in die keine kinder reindürfen und die sonntagspäterabends auch meist angenehm leer ist.

am ziel angekommen trocke ich die letzten wuttränen, pfeffere meine sachen in ein schließfach und springe in die fluten. als ich wieder auftauche, traue ich meinen augen kaum: um mich herum nur kleine, dicke, bärtig-haarige männer - soweit das auge blickt. macht da eine moschee gerade erlebniswochen mit äußerer reinigung? ich bin neben einem uralten verhutzelten opa tatsächlich die einzige hellhäutige person im bad, und vor allem: die allereinzige frau. das habe ich bislang noch nie erlebt.

das schwimmen gestaltet sich ungemütlich, muss ich kurz daraufhin feststellen. denn sämtliche der bärtigen typen blockieren den beckenrand. immer, wenn ich das ende einer bahn erreiche, werde anzüglich angestarrt, angegrinst oder mit mir unverständlichen wortfetzen empfangen, die zusammen mit dem anzüglichen grinsen und dem unverhohlenen anstarren maximales unbehagen auslösen. das würdet ihr nicht machen, wenn eure aische dabei wäre, denke ich mir, da hängt euer schwanz nämlich ganz klein in den viel zu großen bermudas.

einer von ihnen ist richtig unangenehm. er ist identisch klein, dick und behaart wie alle anderen, scheint sich aber für schön zu halten. ich taufe ihn den pfau. der pfau schwimmt neben mir, vor mir, wartet am beckenrand auf mich oder taucht unter mir durch. wenn er dich berührt, haust du ihm eine rein, beschwöre ich mich selbst.

der zweite nervende mitschwimmer ist ein koloss von einem kerl, der eine wasserumwälzanlage ersetzen könnte. jedesmal, wenn wir aneinander vorbeischwimmen, gehe ich in einer art tsumaniwelle unter. irgendwann quatscht er mich an und will wissen, ob ich trainiere, weil ich so ausdauernd schwimme. ich verneine. seinem akzent nach ordne ich ihn in richtung russland ein und habe prompt recht. aus minsk kommt er. dafür, dass er wie ein rücksichtsloses walross schwimmt, ist er ganz nett. vor allem aber hält sich der pfau fern, solange er um mich herum ist. trotzdem hätte ich gerne mal meine ruhe. als mich das walross fragt, ob es mir ein getränk ausgeben darf, erwidere ich, dass ich einen sehr eifersüchtigen ehemann habe, der schon ein paar mal jemanden krankenhausreif geschlagen hat. iwan den schrecklichen beeindruckt das wenig: er lässt seine muckis unter den tätowierungen spielen und versichert mir, er könne sich sehr gut zur wehr setzen. als er mal kurz pipi muss, wittere ich meine chance und flüchte ins aromabad.

dort bin ich einen herrlichen augenblick lange alleine. stille um mich herum, nebel und gedämpftes blaues licht. wunderbar. doch dann wird die tür aufgerissen und herein kommt ein kleiner, dicker mann. im unterschied zum rest im becken da draußen ist er sehr hellhäutig. er lässt sich auf den sitz plumpsen. dann fällt ihm ein, dass man den ja vielleicht erstmal abbrausen sollte. also steht er wieder auf und spritzt mit kaltem wasser um sich, sodass auch ich eine ladung abbekomme. er entschuldigt sich wenigstens. dann lässt er sich wieder auf den arsch plumpsen.

es folgen zehn sekunden ruhe, in denen ich staunend die enormen männerbrüste meines bleichen gegenübers begutachte. ab sekunde elf beginnt der typ mit den füßen zu scharren. dann räuspert er sich mehrmals. es folgt erneutes füßescharren, beine übereinanderschlagen, beine wieder entwirren, füßescharren. mein puls springt auf 150. dann beginnt der typ zu husten. und zwar so richtig - bis der bronchialschleim rasselt. igitt.

ich stehe auf und gehe nach nebenan. da ist ja noch ein dampfbad. dort ist es ein wenig kühler und es riecht auch nicht so gut, aber besser so als weiter mit dem huster da rumzusitzen und nächste woche selber krank zu sein. leider dauert es kein minute, dann wird die tür erneut aufgerissen und der huster tappt herein. ich bin kurz vorm rumpelstilzchenartigen explodieren.

ich würde gerne die tropendusche benutzen, allerdings wird diese von einem pärchen okkupiert, das offenbar gerade angekommen ist (kreischendes lachen = mangelnde entspanntheit). ich ziehe mich auf meine liege zurück. iwan der schreckliche hängt am beckenwand und schickt mir lange blicke aus traurigen augen. eigentlich sind die schön, denke ich mir, huskyblaue augen, aber der ganze kerl ist mir ein bisschen suspekt.

der pfau dreht derweil seine runden und schlägt sein nichtvorhandenes rad. ich schließe die augen und versuche, das widerliche bild vom teigig-bleichen huster aus meinem kopf zu verbannen. weil die liegen so unglaublich bequem sind und ich mich direkt neben einer heizung befinde, falle ich irgendwann in eine art halbschlaf. endlich entspannung!

"hallo? hallo?"
und schon wieder muss mich jemand stören. ich komme mühsam wieder zu mir, richte die imaginäre schrotflinte auf den fragenden und öffne die augen. vor mir steht ein großer, braungebrannter adonis mit waschbrettbauch und blonden strubbelhaaren. schätzungsweise 20. schätzungsweise unterwäschemodel. was willerwillerwillerdenn von mir? gespannt richte ich mich auf.
"kannst du mir sagen, wo hier die toiletten sind?"
okay, vermutlich hat er gedacht, er fragt man besser die mutti am rande des nervenzusammenbruchs als iwan den schrecklichen oder mohammed den pfau. die kann sicher deutsch und haut ihm auch nicht gleich auf die fresse.

allerdings finde ich es verdammt unhöflich, mich aufzuwecken, nur weil er zu faul ist, seine chlorwasserblauen äugleins aufzusperren und nach dem schild "wc" zu gucken. oder alternativ den bademeister zu fragen. dann habe ich eine idee. ich lächle lieblich und sage:
"hier gibt es leider keine klos. du musst rüber in die sauna gehen. dafür musst du aber saunaeintritt bezahlt haben. hast du das schon gemacht?"
"äh, nee", sagt der adonis verunsichert.
"dann geh mal an die kasse und kauf dir ein saunaticket. kostet 15,90 €. und dann gehst du rüber in die sauna und fragst da noch mal."
"danke", sagt der adonis und zieht vondannen. ich lache mich innerlich scheckig. wenn man schon sonst keine freude hat, dann wenigstens schadenfreude, finde ich.

weil schon fast sperrstunde ist, hüpfe ich schnell unter die dusche. dort stelle ich fest, dass ich mein duschgel vergessen habe. zum glück kommt nach einer weile eine frau herein (und es gibt sie doch!), die duschgel dabei hat.
"entschuldigung, darf ich mir ein bisschen duschgel von ihnen schnorren?" frage ich.
die frau schaut mich erschrocken an, gerade so, als hätte ich sie gefragt, ob ich ihr mal die muschi lecken darf. dann streckt sie mir vorsichtig die flasche mit dem duschgel entgegen. ich sage höflich danke und beginne mich einzuseifen. die frau starrt mich an. ich wundere und wundere mich, bis ich bemerke, dass sie mir zwischen die beine starrt. dort befindet sich - im gegensatz zu ihrer muschi - eben nun mal kein busch, in dem sich theoretisch ein reh verstecken könnte. was für mich einfach ein wir-leben-eben-nicht-mehr-in-der-steinzeit-lifestyle-dingens ist, ist für sie offensichtlich der sichere hinweis, dass ihr die inkarnierte sünde gegenüber steht.

ich bin froh, als ich trocken und warm in meinen kleidern stecke und nur noch föhnen muss. an den haartrockern treffe ich iwan den schrecklichen wieder, der mich mit einem letzten traurigen husky-blick bedenkt und dann vondannen zieht.
ich selber schleppe mich durch den arktischen sturm richtung bushaltestelle. im bus bin ich richtig geladen und schreibe dem objekt noch eine bitterböse sms. dann fühle ich mich deutlich entspannter, fast so, als hätte ich gerade wunderbar gevögelt.

note to myself: jeden tag eine schlechte tat. mindestens. es gibt nichts besseres gegen richtig miese laune.